Mit dem Engine Check auf Talententdeckung
Die Suche nach Bahnradsport-Talenten hat begonnen. Julien Bossens, Mitglied des Trainerstabs des Bahnnationalteams, hält Ausschau nach Athleten und Athletinnen für den Ausbau des Mannschaftsverfolgungsteams. Von grossem Nutzen ist hierbei ein selbst entwickelter Feldtest.
Das Schweizer Bahnnationalteam blickt auf eine verletzungsreiche Saison zurück. Mit vier Schlüsselbeinfrakturen und einem Daumenbruch wurde das Schweizer Team im Hinblick auf die Olympia-Qualifikation in der Mannschaftsverfolgung für Paris 2024 regelrecht ausgebremst. Zu viele Athleten waren verletzt, zu gering war demzufolge die Personaldecke. Für den nächsten Olympia-Zyklus im Hinblick auf Los Angeles 2028 gilt es daher, einen grösseren Pool an Bahnfahrer/-innen aufzubauen. Eine erste Massnahme, dies zu erreichen, wurde bereits umgesetzt.
Anfang November 2023 wurden potenzielle Bahnradfahrer, Quereinsteiger und bis anhin MTB- und Strasse-orientierte Athleten, zu einem Trainingswochenende eingeladen. Ausgewählt wurden die Quereinsteiger erstmals anhand des Engine Checks, dem von Swiss Cycling und dem Bundesamt für Sport entwickelten Tool zur Ermittlung der persönlichen Leistungsfähigkeit. Engine Check-Absolventen/-innen haben die Möglichkeit, ihre Testwerte mit Swiss Cycling zu teilen. Dies ermöglicht dem Schweizer Radsportverband, Teilnehmende mit besonders guten Resultaten zu kontaktieren und sie, wie in diesem Fall geschehen, für ein Trainingscamp einzuladen.
Insgesamt acht Teilnehmende waren in Grenchen zugegen, darunter ein Elite-Leichtathlet, welcher in der Saisonvorbereitung oft auf dem Velo sitzt, und ein Velobegeisterter, welcher bis anhin ohne Lizenz kleinere Wettkämpfe bestritten hat. Nach einem Einführungstag auf dem Oval folgten am zweiten Tag erste spezifische Mannschaftsverfolgungsübungen. Die meisten Teilnehmenden sassen erstmals in der Zeitfahrposition auf einem Velo.
Dennoch war Julien Bossens mit dem Ergebnis sehr zufrieden. „Ich war positiv überrascht, dass vor allem die Athleten, welche ansonsten auf dem MTB unterwegs sind, die für die Bahn nötigen motorischen Fähigkeiten mitbringen“. Es beständen natürlich noch Lücken, beispielsweise in der Sitzposition oder in der Linienwahl, aber die Biker hätten bewiesen, in der Lage zu sein, technische Defizite mit ihrer Leistungsfähigkeit zu kompensieren, sagt der zum Trainerstab des Bahnnationalteams gehörende Sportwissenschaftler.
Ein Talenttransfer von einem MTB-Fahrer zu einem Bahnathleten sei durchaus möglich, erklärt Bossens, auf geglückte Spartenwechsel verweisend. So haben die ehemaligen MTB-Athleten Simon Vitzthum und Noah Bögli vor wenigen Jahren das Mountainbike gegen das Bahnvelo eingetauscht und nach relativ kurzer Anlaufzeit bereits erste internationale Bahnwettkämpfe bestritten.
Klar ist, dass Swiss Cycling das Projekt fortsetzen wird. Bereits Mitte Dezember führt Bossens mit den gleichen acht Athleten einen weiteren Trainingsblock durch. „Zudem ist geplant, dass wir regelmässig spezifische Trainings in der Disziplin Mannschaftsverfolgung anbieten werden“. Letztlich habe das Trainingsweekend gezeigt, dass der Engine Check ein hervorragendes Tool sei, um Talente zu identifizieren und gleichzeitig mit ihnen in Kontakt zu treten. Bossens ist überzeugt, dass sich mithilfe des Engine Checks die Personaldecke des Schweizer Bahnteams mittelfristig aufstocken lässt.